Zeitverträge werden immer beliebter – Festanstellung ade

Wer schon einmal auf 400 Euro Basis gearbeitet hat oder nach Ablauf des dritten befristeten Arbeitsvertrags wieder arbeitslos war, der weiß, wie schwer es ist, eine ordentliche Festanstellung zu finden.


Immer mehr Firmen entdecken Zeitverträge für sich. Sei es über Zeit-/Leiharbeit, geringfügige Beschäftigung oder Minijobs. Denn günstiger kommt definitiv der Arbeitgeber weg. Doch was hat das für Folgen für die Beteiligten und die Wirtschaft?

Stirbt die Festanstellung langsam aus?

Obwohl Zeitverträge in Zeiten der Wirtschaftskrisen eher weniger werden, steigt ihre Anzahl im Aufschwung immer rasant an. Kaum ein Deutscher findet nach der Ausbildung oder dem Studium auf Anhieb eine Festanstellung, sondern muss sich mit befristeten Arbeitsverträgen herumplagen. Experten sprechen schon davon, dass die Festanstellung langsam ausstirbt. Fast jeder sechste Arbeitnehmer in Deutschland ist heute befristet beschäftigt.

Zwar liegt Deutschland im internationalen Vergleich eher im Mittelfeld, was die Anzahl der Zeitverträge angeht, jedoch boomt vor allem die Leiharbeiterbranche. Neben unzähligen Minijobbern, müssen immer mehr qualifizierte Arbeitskräfte mit Zeitarbeit über die Runden kommen. Wenn es um eine unbefristete Anstellung geht, zieren sich die Firmen immer mehr. So gibt es heute mehr als 10.000 Zeitarbeitsfirmen mit über 750.000 Zeitarbeitskräften. Den Ämtern zufolge sind allein 2010 schon mehr als 100.000 neue Zeitarbeitsstellen entstanden.

Immer mehr Festanstellungen wandeln sich in befristete Beschäftigungen um und sorgen dafür, dass sich immer mehr Berufstätige zwischendurch arbeitslos melden müssen. Davon profitiert die Wirtschaft ganz und gar nicht.

Vorteile für den Arbeitgeber sind Nachteile für den Arbeitnehmer:

Bei den Arbeitgebern sind Zeitverträge natürlich sehr beliebt, denn diese müssen keine feste Bindung zum Arbeitnehmer eingehen und müssen weniger Leistungen zahlen. Auch sehen Tarifverträge eine kurze Kündigungsfrist vor. Während der ersten zwei Wochen kann einem Leiharbeiter mit einer Frist von einem Tag gekündigt werden, nach drei Monaten “Probearbeit” beträgt die Frist dann zwei Wochen. Immer mehr Unternehmen stellen geringfügig Beschäftigte ein, die statt 400 Euro 405 Euro verdienen und somit ihre gesamten Steuer- und Sozialversichertenabgaben selbst tragen müssen.

Die Vorteile der Arbeitgeber sind ganz klare Nachteile der Arbeitnehmer. Denn aus einer befristeten Anstellung in ein festes Arbeitsverhältnis zu rutschen, ist äußerst selten und kaum noch vorstellbar. Besonders schwierig haben es Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst. Über zwei Drittel der Neueinstellungen sind befristet. Auch immer mehr Firmen übernehmen ihre Auszubildenden im Durchschnitt nur für zwei Jahre. Schlimmer trifft es auch immer mehr Lehrer, die in den Sommerferien arbeitslos werden, da ihr Vertrag immer nur bis zum Sommer läuft und danach für ein weiteres Schuljahr. Da die Verträge oft nur für dieses Schuljahr laufen und nicht für ein ganzes Jahr, haben viele Lehrer nach dem ersten Jahr nicht einmal Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Arbeitnehmer haben es schwer mit befristeten Anstellungen, besonders für die Lebensplanung sind diese ungeeignet. Kinderplanung und Hauskauf rücken in weite Ferne, wenn man jedes Jahr wieder einen Job suchen muss. Es entstehen viele psychische Krankheiten, wenn man keine Sicherheit im Beruf hat. Auch können sich Zeitarbeiter nicht mit den jeweiligen Firmen identifizieren, weil sie immer nur kurz dort beschäftigt sind und sich im raschen Tempo an alles gewöhnen müssen.

Folgen der Zeitarbeit für die Wirtschaft:

Zeitverträge haben definitive Folgen für die Wirtschaft. Ohne Routine ist effizientes Arbeiten mit motivierten Mitarbeitern so gut wie unmöglich. Unternehmen haben zu wenig loyale Mitarbeiter, die sich mit dem Betrieb identifizieren können. Durch solche befristeten Verträge geraten hoch qualifizierte Arbeitskräfte immer mehr in den Hintergrund, wandern womöglich ins Ausland ab. Besonders in den Naturwissenschaften (der Forschung) werden Arbeitnehmer nur noch projektweise eingesetzt. Wie sollen sich im Unternehmen so eingespielte Teams bilden?

Immer mehr Arbeitsplätze werden für Zeitverträge abgeschafft. Gewerkschaften kritisieren dies schon lange, da immer weniger befristete Arbeitsstellen geschaffen werden, als unbefristete vernichtet. Auch sinkt das Lohnniveau immer mehr. Feste Angestellte werden viel besser bezahlt als befristete Angestellte, welche nach Abzügen oft nur ein geringes Einkommen vorzuweisen haben.

Festanstellungen werden immer weniger

Wer heutzutage noch eine Festanstellung hat, der kann sich glücklich schätzen. Unternehmen stellen schneller und unüberlegter ein, arbeiten uneffizienter und setzten zunehmend auf ausländische Leiharbeiter. In Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs verzeichnet man immer die meisten Zahlen an befristeten Arbeitsverträgen. Muss man erst wieder auf die nächste Krise warten, bis man eine Festanstellung bekommt?